#39 Saskia: Die Spur der Gewalt

Shownotes

Diese Folge ist schon vor Monaten in der Podimo App veröffentlicht worden. In der Podimo App findet ihr schon jetzt 60 kostenlose Folgen, die ihr ganz ohne Anmeldung oder Abo hören könnt – Einfach nur die App öffnen und ‘12 Leben’ finden: https://podimo.de/12leben

Zusätzlich zu den 60 kostenlosen Folgen findet ihr dort auch die neueste Staffel im Premium-Bereich. _ Prien am Chiemsee, 11. August 2013. Die 63-jährige Saskia telefoniert den ganzen Tag mit Freund:innen und Verwandten. Und die ganze Zeit steht ihr Partner Winfried B. neben ihr. Auch jetzt, wo sie mit ihrem Großcousin Burchard spricht: Winfried B. lauscht dem Gespräch. Saskia und er haben sich kennengelernt, kurz nachdem sie in ihre neue Wohnung in Prien gezogen ist. Nach den Strapazen ist sie krank geworden und ihr Nachbar Winfried B. stand mit einer Suppe vor der Tür und hat sie gesund gepflegt. Kurz darauf sind die beiden ein Paar geworden und haben seitdem fast jede freie Minute miteinander verbracht. Aber in den letzten Wochen ist Saskia klar geworden, dass sie sich von Winfried B. trennen will. Als Saskia nach dem Gespräch mit ihrem Cousin Burchard auflegt, weiß sie nicht, dass es eines ihrer letzten Telefonate sein wird. Denn an diesem Tag holt sie Winfried B.s Vergangenheit ein.  In dieser Folge haben wir mit Saskias Großcousin Burchard gesprochen. Außerdem kommt die Kriminalpsychologin Justine Glaz-Ocik zu Wort und spricht über die Muster und Dynamiken von Mehrfachtäter:innen.

Triggerwarnung: Diese Folge behandelt explizite Schilderungen von körperlicher Gewalt und Suizidgedanken. Bei Gewalterfahrungen findet ihr anonym und kostenfrei Unterstützung unter folgenden Nummern:

Hilfetelefon “Gewalt gegen Frauen”: 08000 116 016 (rund um die Uhr)

Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (rund um die Uhr)

Opfer-Telefon vom Weißen Ring: 116 006 (7-22h Uhr)

Mehr Infos bekommt Ihr auf der Homepage der Online Datenbank für Betroffene von Straftaten: www.odabs.org

Falls ihr Feedback, Anmerkungen oder selbst eine Geschichte habt, die ihr mit uns teilen möchtet, könnt ihr uns jederzeit eine Mail schreiben an: 12leben.podimo@gmail.com

"12 Leben – Verbrechen an Frauen" ist ein Podcast von Podimo. Hosts: Helen Schulte und Massimo Maio Autorin dieser Folge: Katharina Fräbel Schnitt und Sound: Frieder Maurer & Luca Sartori (hipitch) Ausführende Produzentin: Madeleine Petry

Transkript anzeigen

00:00:02: Saskia konnte das ja auch nicht, weil sie sich so geschämt hat.

00:00:05: Sie hatte alle Freunde irgendwie so abspenstig gemacht oder abspenstig machen lassen und Winfried so gepriesen und das ist der tolle Liebhaber und mein toller Freund und so weiter.

00:00:19: Und jetzt plötzlich ist es das Gegenteil und jetzt kann ich doch die Freunde nicht mehr ansprechen.

00:00:24: Aber was denken die von mir, wer ich bin?

00:00:27: In dieser Folge geht es um explizite Schilderungen von körperlicher und sexualisierter Gewalt gegen Kinder sowie Depressionen und Suizid.

00:00:34: Wenn ihr selbst Erfahrungen mit Gewalt gemacht habt oder Betroffene kennt, findet ihr Unterstützung beim Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen unter der Nummer Nullachtausend, Eins, Eins, Sechs, Null, Eins, Sechs.

00:00:46: Diese Info und mehr findet ihr auch in unseren Schaunots.

00:00:56: Die dreiundsechzigjährige Saskia hört das Brumm des Motors und das Rauschen der Reifen auf dem Asphalt, als sie aus dem Fenster des VW-Busses schaut, in dem sie sitzt.

00:01:05: Bis gerade eben hatte sie einen tollen Abend.

00:01:08: Gemeinsam mit ihrem Freund Winfried, den sie erst vor Kurzem kennengelernt hatte und ihrem Großkursant Burkhard, war sie an diesem Abend im Café Rufini gewesen.

00:01:18: Das Rufini ist ein kleines Café und Weinhaus in München, das noch bespät in die Nacht offen hat.

00:01:24: Ab und zu bietet es Künstlerinnen eine kleine Bühne und an diesem Abend hatte Burkhard einen Auftritt mit seiner Kabarettgruppe, zu dem er Saskia eingeladen hatte.

00:01:34: Weil sie jede freie Minute mit Winfried verbringen will, hatte sie gleich gefragt, ob sie Winfried mitbringen könnte.

00:01:40: Für Burkhard war das kein Problem gewesen.

00:01:43: Also hatte Saskia gemeinsam mit ihrem Freund den Zug aus Prin am Chiemsee, wo sie wohnen, in das nicht weit entfernte München genommen.

00:01:50: Saskia hatte Burkhard vorab, bei einem ihrer unzähligen Telefonate schon viel über Winfried erzählt, aber heute ist das erste Mal, dass die beiden sich persönlich getroffen haben.

00:02:02: Den ganzen Abend hatte Saskia sich halbtot gelacht über das, was Burkhard und seine Kolleginnen auf der Bühne veranstaltet hatten.

00:02:09: Den ganzen Abend an ihrer Seite Winfried, der seine Arme um sie gelegt hatte.

00:02:14: Saskia, die sich vertrauensvoll an ihn lehnte.

00:02:17: Den ganzen Abend war Winfried sehr still.

00:02:19: und zurückhaltend gewesen.

00:02:22: Auch als sie gemeinsam die Requisiten und Musikinstrumente, die Burkhard für seinen Auftritt gebraucht hatte, ins Auto luden, war Winfried eher zurückhaltend.

00:02:31: Höflich hatte er die vollgepackten Alukisten angehoben und in den Kofferraum des VW-Busses gehoben.

00:02:37: Still war er dann mit Saskia auf die Rückbank des Buses gestiegen, als Burkhard sich ans Steuer gesetzt hat und losgefahren ist.

00:02:45: Und still hat er bis gerade auf der Rückbank auch gesessen und im Gespräch von Burkhardt und Saskia zugehört.

00:02:51: Saskia und Burkhardt hatten gerade über Wien gesprochen, als Winfried Stimme durch das Auto halt.

00:02:56: Er habe ja mal eine Firma in Wien gehabt, sagt er.

00:02:59: Interessiert und auch leicht überrascht, fragt Burkhardt nach, was Winfried in Wien gemacht habe.

00:03:04: Und plötzlich was Toten still im Auto.

00:03:07: Niemand hat was gesagt.

00:03:08: Ja, was hat er in Wien gemacht, das hat man ja später beim Prozess erfahren.

00:03:13: was er wirklich in Wien gemacht hat.

00:03:23: Diese Folge dreht sich um Saskia.

00:03:25: Ihr Leben ist eines von zwölf, um die es in diesem

00:03:27: Podcast geht.

00:03:31: Zwölf Leben, Verbrechen an Frauen.

00:03:51: Hi, ich bin Massimo.

00:03:53: Und ich bin Helen.

00:03:54: In dieser Folge von zwölf Leben beschäftigen wir uns mit Mehrfachtätern und dem Zustand, dass man auf eine gewisse Weise dem ausgeliefert ist, was der eigene Partner über sich und seine Lebensgeschichte erzählt.

00:04:07: und dass es sich dabei eigentlich immer nur um einen Ausschnitt aus den Aspekten handelt, den die Person auch über sich teilen will.

00:04:13: Saskia's Geschichte wirft die Frage auf, wie gut kennt man seinen Partner oder seine Partnerin eigentlich wirklich?

00:04:20: Wir erzählen in dieser Folge von Saskia und davon, dass manche Menschen so sehr in ihren Mustern gefangen sind, dass diese Muster nicht nur das eigene Leben, sondern auch das Leben anderer, bestimmen können.

00:04:32: Außerdem konnten wir mit Saskia's Großkursant Burkhardt sprechen.

00:04:35: Für ihn war Saskia

00:04:37: einfach ein offener, auch ein, wenn sie wollte, ein sehr direkter Mensch, auch ein Mensch, der sehr kritikfähig war, der auch scharfe Kritik üben konnte.

00:04:45: Sie war rhetorisch unglaublich gewandt.

00:04:48: Sie war sehr spitzt.

00:04:50: Sie konnte sehr spitzt sein und sehr genau Punkte treffen.

00:04:54: Also auch mit Spaß, also auch mit einer Freude an der Formulierung.

00:05:00: Und Burkhard hat uns nicht nur erzählt, wer Saskia war, sondern auch davon, was das, was ihr angetan wurde, bei ihm ausgelöst hat.

00:05:16: Was mich am meisten, glaube ich, verwundert hat an diesem Fall, dass er über so viele Jahre tatsächlich in seiner persönlichen Entwicklung keinen Schritt weitergekommen ist.

00:05:27: Das fand ich, glaube ich, das Erschreckendste.

00:05:34: Sie hat uns erklärt, welche Muster- und Gewaltdynamiken sich zum Teil durch ein ganzes Leben ziehen können und Menschen zu TäterInnen werden lassen.

00:05:43: Saskia wird in den Jahren von den Eltern aufgewachsen.

00:05:47: Der Mann, den sie von klein auf Großvater Theodor nennt, war im Zweiten Weltkrieg in Oslo stationiert.

00:05:53: Dort half er, obwohl er selbst Befehlshaber der Wehrmacht war, bei der Organisation einer Massenflucht.

00:05:58: Unzähligen Jüdinnen, denen die Deportation und damit der Tod droht, fahl er, zu überleben.

00:06:24: Lange Zeit wird Saskia erzählt, dass dieser Mann Theodor ihr Großvater sei, bis sie als siebzehnjährige die Wahrheit herausfindet.

00:06:33: Theodor ist in Wirklichkeit ihr leiblicher Vater.

00:06:36: Zu dem Mann, den sie bis dahin als Vater kannte, hatte sie nur eine schlechte Beziehung.

00:06:41: Denn als Kind wurde Saskia laut eigener Aussage von ihm missbraucht.

00:06:45: Sexueller Missbrauch von Kindern ist bis heute etwas, das besonders Mädchen im Alter von sechs bis dreizehn Jahren betrifft.

00:06:52: Laut des Bundeskriminalamtes sind im Jahr, im Jahr, im Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr, Jahr,

00:07:09: Jahr, Jahr, Jahr, Und die Dunkelziffer ist heute sehr hoch.

00:07:12: Und so wird es damals auch in Saskia's Kindheit wahrscheinlich gewesen sein, denn viele Kinder trauen sich laut der unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs aus Angst oder Schuldgefühlen nicht, um Hilfe zu bitten.

00:07:25: Auswirkungen von sexuellem Kindesmissbrauch sind bei vielen Betroffenen auch immer wachsenden Alter noch deutlich spürbar.

00:07:31: Die Folgen können nach der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von Kindesmissbrauch nicht nur Schwierigkeiten in der Bewältigung des Alltags sein, sondern auch depressive Störungen, posttraumatische Belastungsstörungen oder sogar anhaltende körperliche Beschwerden.

00:07:46: Auch Saskia hat mit den psychischen Folgen des Missbrauchs zu kämpfen.

00:07:50: So sehr, dass sie sich später in ihrem Leben dafür einsetzt, dass sie als Betroffener einen Schwerbehindertenausweis bekommt.

00:07:57: Heute ist es möglich, als Betroffener oder Betroffener von schweren chronischen, seelischen oder psychischen Erkrankungen, zum Beispiel in Folge eines sexuellen Missbrauchs, einen Antrag auf die Feststellung einer Behinderung bzw.

00:08:09: Schwerbehinderung zu stellen.

00:08:11: Dafür benötigt man neben verschiedenen behördlichen Formularen Gutachten von Krankenkassen und behandelnden Ärzten.

00:08:19: Für Saskia ist der sexuelle Missbrauch aus ihrer Kindheit ein Lebensthema.

00:08:23: was natürlich auch ein schwarzes Loch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung darstellt, dass sie viele Jahre massiv beschäftigt hat und ihr auch viele dunkle Phasen im Leben beschert hat, sozusagen, aus denen sie sich immer wieder rausgekämpft hat.

00:08:40: Ob diese dunklen Phasen, wie sie ihr Großkursner Burg hat nennt, Depressionen waren, das können wir nicht mit absoluter Sicherheit sagen.

00:08:46: Fest steht aber, dass das, was Saskia schon als junges Mädchen erlebt hat, ihren restlichen Lebensweg begleiten wird.

00:08:53: Saskia schließt trotz ihrer schwierigen Staats ins Leben die Schule ab und studiert Soziologie.

00:08:58: Sie nimmt in ihrem Leben trotz ihres Traumers auf die Rolle der in Anführungsstrichen starken Frau ein.

00:09:04: Zum Beispiel, wenn sie ihre Wohnung verkauft und in kürzester Zeit den Umzug organisiert.

00:09:09: Sie begleitet nicht nur ihre Mutter auf dem Sterbebett, auch um Freundinnen, die im Sterben liegen, kümmert sie sich bis zum letzten Atemzug.

00:09:17: Aber Saskia hat auch eine andere Seite.

00:09:19: Laut Burkhardt ist sie auch eine

00:09:21: sehr verletzte Person und auch sehr oft sehr schwankende innere Person, die sehr stark auch auf Zuspruch angewiesen war oder auf jemand, der da ihr sozusagen Beistand bietet.

00:09:37: Und diesem Beistand sucht Saskia unter anderem bei Freundinnen und Verwandten, wie zum Beispiel ihrem Großkurs in Burkhardt.

00:09:43: Und das, obwohl sie lange Zeit gar keinen richtigen Kontakt haben.

00:09:46: Erst in den Neunzigern lernen sich die beiden richtig kennen.

00:09:48: Burkhardt ist schon damals Schauspieler und Saskia arbeitet zu dieser Zeit am Frauenhofer-Institut.

00:09:53: Für ihren Job dreht Saskia drei Schulungsfilme, in denen Burkhardt als Schauspieler dabei ist und hilft, die Drehbücher zu schreiben.

00:10:00: Bei diesem gemeinsamen Projekt lernen sich die beiden sehr gut kennen und schätzen, sodass in den nächsten Jahren eine ähnliche Beziehung entsteht.

00:10:08: Dort entdecken sie auch, dass sie eine Gemeinsamkeit haben.

00:10:11: Sie war im positiven Sinne verrückt.

00:10:13: Ja, das war auch die Nähe von mir zu ihr, sozusagen zwei Familienmitglieder, die einfach diesen normalen Weg nicht gehen können.

00:10:22: Genau wie Burkhard schlägt Saskia nach ihrem Studium eine kreative Laufbahn

00:10:27: ein.

00:10:28: Denn auch die Liebe zu Kunst und Literatur ist eine große Stütze in ihrem Leben.

00:10:33: Anders als von ihrer Familie erwartet, will und kann sie nicht den normalen, gradlinigen Weg gehen.

00:10:39: Saskia nutzt jede Gelegenheit, um mit Menschen aus der von ihr geliebten Literatur-Szene in Kontakt zu kommen.

00:10:46: Sie dreht Filme, schreibt Gedichte und arbeitet unter anderem auch mit dem berühmten Schriftsteller Günther Kras zusammen.

00:10:52: Nach außen hin wirkt Saskia stark und emanzipiert.

00:10:56: Aber andererseits versuchte sie auch das Bild der Frau immer wieder zu erfüllen.

00:11:00: Sie wollte dann auch immer die gute Frau sein, obwohl sie in ihrem Freiheitswillen und in ihrer Selbstständigkeit Ganz woanders hinging und das auch ganz stark postulierte.

00:11:16: Und auch das ist ein Widerspruch, der sehr schwer aufzulösen war für sie.

00:11:20: Und dieser Widerspruch zeigt sich auch in Saskia's Liebesleben.

00:11:23: Oft gibt sie sich zunächst als starke Frau.

00:11:26: Laut Burkhardt ist Saskia meist die Beziehung anführt und sie ist meistens auch die, die die Beziehung beendet.

00:11:32: Denn Saskia weiß, was sie von einer Beziehung erwartet.

00:11:34: Sie will sich fallen lassen können.

00:11:36: Lott Burghardt sucht sie einen Partner, der ihr das geben kann, was sie in ihrer Kindheit von den Männern in ihrer Familie nie bekommen hat.

00:11:43: Vertrauen.

00:11:45: Sie war dann immer etwas enttäuscht, nachdem das nicht so funktioniert hat und auch sie gemerkt hat, dass diese Männer sozusagen sie gar nicht so stützen und halten können, wie sie das vielleicht gehofft hat, um etwas aufzulösen, was ganz schwer in ihr verletzt worden ist.

00:12:02: Puckhardt erzählt, dass bei Saskia, nach der Enttäuschung und den unerfüllten Erwartungen, dann oft die Trennung kam.

00:12:09: Mit zwei ihrer Partner bekommt sie allerdings auch jeweils ein Kind.

00:12:12: Zu beiden Kindern hat sie ein liebevolles

00:12:14: Verhältnis.

00:12:15: Sie hat sich für sehr, sehr viele Belange der Kinder massiv eingesetzt und versucht auch ihre Jobs so zu gestalten, dass das Geld auch da war, dann also eine Löwenmutter sozusagen in gewisser Weise.

00:12:35: Mühde und schlapp liegt Saskia im Bett ihrer neuen Zwei-Zimmer-Wohnung in Prien am Chiemsee.

00:12:41: Nach ihrer letzten Trennung ist sie mit dreiundsechzig Jahren nochmal umgezogen.

00:12:45: Sie hat einen Tapetenwechsel gebraucht.

00:12:47: Sie war einige Jahre mit ihrem Ex-Mann verheiratet gewesen.

00:12:50: Nun läuft der Scheidungsprozess und Saskia möchte wieder näher bei ihren Freundinnen und Bekannten wohnen.

00:12:54: Und in Prien wohnen einige ihrer Freundinnen.

00:12:57: Burkhardt wohnt nicht weit entfernt in München.

00:12:59: Warum also nicht hier neu anfangen?

00:13:02: Also hat Saskia ihre Sachen in ihrer alten Wohnung in Bonn zusammengepackt und ist nach Prien am Chiemsee in eine kleine, zweizimmer Wohnung gezogen, in das Obergeschoss eines Wohnhauses.

00:13:12: Und scheinbar hat der Umzug sie so viel Kraft gekostet, dass sie jetzt mit einer Grippe und einem drönen Kopf im Bett liegt.

00:13:19: Plötzlich halt die Schrille Klingel durch die Wohnung.

00:13:22: Komisch, sie erwartet keinen Besuch.

00:13:25: Kraftlos geht Saskia zur Tür und öffnet sie.

00:13:27: Davor steht ein Mann.

00:13:29: Er muss ungefähr in ihrem Alter sein.

00:13:31: In seinen Händen hält er einen großen Topf mit Hühnersuppe.

00:13:34: Der Mann stellt sich vor, als ihr Nachbar Winfried.

00:13:37: Und er hätte gehört, dass sie hier die neue Nachbarin sei und dass sie krank sei und er wollte sich nochmal kurz vorstellen.

00:13:45: So auf diesem Wege lernte man sich ein bisschen kennen und dann stellte sich eben raus, dieser Mann ist auch IT-Spezialist und saß, er musste ihr Internet einrichten, den Drucker einrichten und so weiter und er hat dann bereitwillig dort geholfen.

00:13:59: Winfried B ist der direkte Nachbar von Saskia.

00:14:02: Sie beide bewohnen die einzigen beiden Apartments im Obergeschoss des Wohnhauses und wohnen quasi Wand an Wand.

00:14:09: In den ersten Tagen nach Saskia's Umzug pflegt Winfried B Saskia gesund und hilft ihr bei der Einrichtung ihrer elektronischen Geräte.

00:14:17: Saskia unterhält sich mit Winfried B, lernt ihn besser kennen und merkt, dass sie ihn nicht nur als Nachbarn treu findet.

00:14:24: Das Kennenlernen ist ziemlich intensiv.

00:14:26: Bis Saskia und Winfried B sich schließlich küssen, und auch miteinander schlafen.

00:14:31: Jeden Morgen macht ihr Liebhaber wie Saskia Winfried B. von nun an nennt ihr einen Espresso und bringt ihn ihr in ihre Wohnung.

00:14:38: Sie verbringen viel Zeit miteinander.

00:14:40: Saskia erzählt ihren Freundin von Winfried B, ruft Burkard an und berichtet aufgeregt von ihrem neuen Liebhaber.

00:14:46: Das erste Mal trifft Burkard auf Winfried B. als Saskia und ihr Freund zu einem von Burkards Kabarett auftritten in München kommen.

00:14:53: Burkard erzählt uns, dass er verwundert war, als er Winfried B. zum ersten Mal traf.

00:14:58: Wir passen die beiden jetzt so zusammen.

00:15:00: Saskia, diese lebenssprühende Frau, voller Wortwitz und dieser sehr zurückhaltende Rüge, sicher nicht dumme Mann.

00:15:10: Laut Burkhard scheint Winfried B. anders zu sein, als die Partner, die Saskia vor ihm hatte.

00:15:16: Viele ihrer Ex-Partner waren ihm so offen und eloquent wie sie, teilweise ebenfalls Schriftsteller.

00:15:22: Winfried B. ist anders.

00:15:24: Er fällt aus der Reihe.

00:15:26: Winfried B. ist zurückhaltend, still und er lässt seine neue Partnerin nicht aus den Augen.

00:15:35: Einige Stunden später.

00:15:37: Saskia fährt zusammen mit Winfried B. und Burkhard im Auto, zu Burkhards Wohnung.

00:15:41: Sie unterhalten sich, über alles Mögliche.

00:15:43: Winfried B. erzählt, dass er einige Zeit in Wien gelebt hat und dort sogar eine Firma geführt hat.

00:15:49: Burkhard fragt interessiert nach, was er in Wien gemacht hat.

00:15:51: Sofort ist es im ganzen Auto still.

00:15:57: Offensichtlich konnte er darauf nichts antworten oder das hat irgendwie in ihm was ausgelöst, was ein massives Schweigen sozusagen ausgelöst hat, weil ich da genau einen Punkt getroffen habe, offensichtlich.

00:16:10: Nach diesem Moment im Auto wird Winfried B. still.

00:16:13: Als Saskia zusammen mit ihm bei Burkats Haus ankommt, setzen sie nur noch kurz zusammen, bevor Saskia und Winfried B. ins Bett gehen.

00:16:21: Sie verbringen die Nacht dort.

00:16:23: Am nächsten Morgen macht sich das Paar still im Bad fertig und verschwindet früh aus Burkhards Wohnung, ohne sich richtig zu verabschieden.

00:16:31: Burkhardt hat uns erzählt, dass er es an diesem Morgen schon etwas komisch fand, aber sich nicht einmischen wollte.

00:16:37: Erst als er fast einen Jahr später erfahren hat, was Winfried B. in Wien getan hat, ist ihm klar geworden, warum Winfried B. schwieg, anstatt die Frage zu beantworten.

00:16:54: Während der ganzen Beziehungsdauer zu Winfried B. fällt auch Saskia's Umfeld auf, dass etwas komisches mit ihm.

00:17:01: Und zu ihren Freundinnen, zu Burkhardt und auch zu ihren Kindern hat sie seit der Beziehung zu Winfried B. immer weniger Kontakt.

00:17:09: Saskia ruft immer seltener an.

00:17:11: Saskia wird schweigsamer.

00:17:13: Wenn sie sonst mit ihrer Friseurin in Prien plauscht, während ihr die Haare gemacht werden, ist sie nun zurückhaltend und ruhig.

00:17:21: Eine ihrer engen Freundinnen in Prien erzählt, dass sie Winfried B. schon seit Beginn der Beziehung etwas komisch fand.

00:17:27: Ständig hat er ja ungefragt erzählt, wie viel Geld er verdient und dass er eine große Abfindung bekommen habe.

00:17:32: Saskia's Freundin fragt sich allerdings, warum er trotz dessen in einer kleinen Wohnung in Prien wohnt und sich Saskia's Auto leihen muss.

00:17:39: Sie ist sich sicher, irgendetwas stimmt hier nicht.

00:17:42: Trotzdem, Saskia ist sich zu diesem Zeitpunkt sicher, dass sie Winfried B. liebt.

00:17:47: Dass er der Mann ist, der er endlich geben kann.

00:17:50: Was sie schon so lange will.

00:17:52: Vertrauen.

00:17:53: Saskia und Winfried B. verbringen fast jede freie Minute miteinander.

00:17:58: Im Sommer of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year

00:18:05: of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of the year of.

00:18:18: Während die ersten zwei Tage noch ohne Vorfälle verlaufen und sich die beiden Paare gut verstehen, ist Saskia ab dem dritten Urlaubstag wie ausgewechselt.

00:18:29: Laut den Erzählungen ihrer Freundin Susanna kommt Saskia nicht mehr aus ihrem und Winfried B.s Zimmer.

00:18:35: Nicht für Unternehmung und Ausflüge, nicht mal zum Essen verlässt Saskia den Raum.

00:18:40: Nur Winfried B. soll immer wieder in der Küche gewesen sein, um seine sogenannten Power Drinks für sich und Saskia anzurühren.

00:18:47: Was in diesen Drinks genau war, können wir nicht mit Sicherheit sagen.

00:18:51: Aber Susanne vermutet, dass Winfried B. Saskia ruhig stellen und sie so bei sich behalten wollte.

00:18:57: Auch andere Freundinnen berichten später, dass Winfried B. einen komischen Eindruck auf sie gemacht hat.

00:19:02: Denn dass Saskia seit der Beziehung mit Winfried B. so ruhig war, war mehr als ungewöhnlich.

00:19:07: Genau wie Burkhardt fragen sich Saskias Freundinnen, ob Saskia und er wirklich zusammenpassen.

00:19:13: Saskia hingegen erzählt vor allem zu Beginn ihrer Beziehung, wie sehr sie in Winfried verliebt ist, da sie bei ihm sie selbst sein könne.

00:19:20: Noch bevor der Urlaub in Kroatien offiziell zu Ende geht, reisen Saskia und Winfried B. überstürzt ab.

00:19:27: Genau wie damals, als sie Burkhard in München besucht hatten, erklären sie sich nicht, sondern machen sich einfach auf den Weg zurück nach Prien.

00:19:35: Was niemand weiß, es ist nicht das erste Mal, dass sich Winfried B. in einer Beziehung so

00:19:41: verhält.

00:19:46: Elfter August, zwei Tausend Dreizehn, Prin am Chiemsee.

00:19:50: Wie eigentlich fast immer in den letzten Wochen und Monaten ist Winfried B. bei Saskia in der Wohnung und nicht in seiner eigenen direkt nebenan.

00:19:58: Nach dem Urlaub in Kroatien und der überstürzten Abreise ging es Saskia nicht gut.

00:20:03: Sie hat sich schon lange nicht mehr bei ihren Freundinnen und ihrer Familie gemeldet und hat zurückgezogen gelebt.

00:20:08: Seit fast zwei Monaten hat Saskia allerdings wieder mehr Kontakt zu ihren Freundinnen.

00:20:13: Ihrer Friseurin erzählt sie, was ihr sonst niemandem anvertraut.

00:20:17: Immer mehr fällt ihr auf, dass Winfried B. nicht der liebevolle Mann ist, den sie am Anfang der Beziehung kennengelernt hatte, der, der ihr in ihrer Krankheit Hühnersuppe gekocht und jeden Morgen ins Presse gebracht hatte.

00:20:29: Stattdessen hat sie zunehmend das Gefühl bekommen, dass Winfried B. besitzergreifend ist.

00:20:34: Saskia ist sich sicher, sie muss sich von Winfried B. trennen.

00:20:40: Dass Saskia ihre Friseurin von ihrem Entschluss erzählt hat, ist nun allerdings über einen Monat her und jetzt in diesem Moment sitzt Winfried B neben ihr im Wohnzimmer.

00:20:49: Die beiden sind immer noch ein paar.

00:20:51: Warum genau Saskia sich nach mehr als einem Monat noch nicht von Winfried B getrennt hatte, ob es daran lag, dass sie Angst vor ihm hatte oder sie ihre Meinung nach dem Gespräch mit ihrer Friseurin doch wieder geändert hatte, wissen wir leider nicht.

00:21:03: Jedenfalls hat Saskia gemeinsam mit Winfried B ein entspanntes Wochenende verbracht.

00:21:09: zusammen mit Freundinnen von Saskia, die aus Frankfurt zu Besuch waren.

00:21:13: Sie hatten zwei tolle Tage miteinander.

00:21:15: In der ganzen Zeit kann Saskia allerdings keinen Schritt alleine machen.

00:21:19: Winfried B. weicht ihn nicht für einer Seite.

00:21:24: Auch jetzt, nach der Abreise ihrer Freundinnen, sind die beiden alleine in Saskias Wohnung.

00:21:29: Über den Tag hinweg hat Saskia schon mit ein paar Leuten telefoniert und die ganze Zeit hat Winfried B. im gleichen Zimmer gesessen und ihre Telefonate mitgehört.

00:21:38: Jetzt am Nachmittag will sie noch einmal mit ihrem Großkurs in Burkhart sprechen.

00:21:41: Sie hat sich schon lange nicht mehr bei ihm gemeldet.

00:21:44: Bereits gestern hatte sie versucht ihn zu erreichen, aber er ist nicht rangegangen.

00:21:48: Doch als sie an diesem Nachmittag seine Nummer wählt und das Tuten in der Leitung hört, hebt er ab.

00:21:54: Zunächst halten die beiden Smalltalk.

00:21:56: Aber dann ändert sich Saskia's Stimmung.

00:21:59: Irgendwas beschäftigte sie, was sie mir nicht direkt ... sagen wollte, hatte ich das Gefühl.

00:22:07: Aber was es genau war, war nicht so heraus zu heuchen aus ihr.

00:22:14: Und sie sagte dann zu mir, ja, du bist sowieso mein Lieblingsverwandter.

00:22:20: Ob das umgekehrt so ist, das weiß sie nicht, sagte sie plötzlich.

00:22:23: Ich sagte, warum, was ist jetzt so negativ?

00:22:26: Burkhardt wird am anderen Ende der Leitung stutzig.

00:22:29: Er wechselt das Thema und fragt nach Winfried.

00:22:32: Und dann sagt sie so ganz hart.

00:22:34: Der muss das verkraften.

00:22:36: Und dann habe ich gar nichts mehr kapiert.

00:22:38: Was verkraften?

00:22:40: Und da kam aber auch keine richtig vernünftige Antwort.

00:22:43: Da kam gar nichts mehr von ihr.

00:22:46: Und plötzlich war vollkommen geräuschlos ohne Übergang der Winfried am Telefon.

00:22:54: Wenn Burkhard bis gerade noch ein komisches Gefühl gehabt hatte, versuchte Winfried B. Burkhards Bedenken abzuschütteln.

00:23:01: Es sei alles in Ordnung, sagt Winfried B. Saskia bleibt ruhig und sagt nichts weiteres.

00:23:06: Winfried B. lenkt vom Thema ab.

00:23:08: Saskia hätte über ein Text gesprochen, den sie geschrieben habe.

00:23:11: Dann ist, ohne eine Verabschiedung oder ähnliches von Winfried B., wieder Saskia am Telefon.

00:23:17: Sie verabschiedet sich und lässt einen verwirrten Burghard am anderen Ende der Leitung zurück.

00:23:22: Warum und ob Winfried B. die gesamte Zeit unmittelbar neben Saskia am Telefon stand und sie sozusagen belauscht hat, um das Gespräch jederzeit übernehmen zu können, wissen wir

00:23:32: nicht.

00:23:33: Aber aus dem späteren Urteil gegen ihn geht hervor, dass Winfried B. alle Telefongespräche mithören konnte, die Saskia an diesem Sonntag geführt hat.

00:23:42: Heute fragt sich Burkhardt, ob er zu diesem Zeitpunkt schon etwas hätte unternehmen müssen.

00:23:46: Schließlich hatte er schon beim Telefonat das Gefühl, dass mit Saskia etwas nicht stimmte.

00:23:50: Gleichzeitig kann Burkhardt zu diesem Zeitpunkt unmöglich ahnen, was Winfried B. Saskia an diesem Tag antun

00:23:58: wird.

00:24:05: Es ist gegen siebzehn Uhr.

00:24:07: Saskia beendet ein weiteres Telefonat diesmal mit einem guten Freund.

00:24:12: Und wieder hat Winfried B. alles mit angehört.

00:24:16: Auch bei diesem Telefonat war Saskia nicht die fröhliche, sprudelnde Saskia, wie sie ihr Umfeld vor der Beziehung mit Winfried B. kannte.

00:24:23: Gerade eben hat sie ihrem Freund am Telefon erzählt, wie verzweifelt sie es.

00:24:28: Sie könne das alles nicht mehr und wolle sich das Leben nehmen.

00:24:32: Als ihr Freund gerade versuchen will, sie auf andere Gedanken zu bringen, reist Winfried B. das Wort an sich.

00:24:38: Er spricht in den Hörer.

00:24:39: Es sei alles nicht so schlimm.

00:24:40: Er und Saskia bekämen das schon wieder hin.

00:24:43: Dann beendet er das Telefonat.

00:24:45: Wie genau die Minuten nach dem Anruf abgelaufen sind, kann heute nicht mehr eindeutig rekonstruiert werden.

00:24:51: Fest steht, es kommt zu einem Streit zwischen Saskia und Winfried B. Scheinbar hat er aus den Telefonaten, die er belauscht hat, die Vermutung gezogen, dass Saskia sich von ihm trennen will.

00:25:02: Auf Winfried Bs Versuche, mit Saskia über eine bevorstehende Trennung zu sprechen, geht sie laut Winfried Bees Aussagen nicht ein.

00:25:09: Er geht in die Küche und holt ein dreizehn Zentimeter langes Messer aus der Schublade.

00:25:14: Dann geht er zurück ins Wohnzimmer, setzt sich auf die Couch, hält sich das Messer vor die Brust und sagt Saskia, dass er sich nun, da sie sich von ihm trennen wolle, umbringen müsse.

00:25:24: Sofort packt Saskia das Messer in Winfried Bees Hand und will es ihm aus der Hand reißen.

00:25:30: Sie muss ihn davon abhalten, sich umzubringen.

00:25:32: Was dann genau geschieht, ist unklar.

00:25:35: Was wir wissen ist, gegen siebzehn Uhr dreißig stößt Saskia einen lauten Schrei aus und flieht aus ihrer Wohnung.

00:25:41: Winfried B. rennt hier hinterher.

00:25:43: Immer noch hatte das Messer in der Hand.

00:25:45: Saskia rennt aus der Tür den Hausflur entlang.

00:25:48: Dort holt Winfried B. sie ein.

00:25:50: Mit dem Messer sticht Winfried B. Saskia dreimal in ihren Nacken und Halsbereich.

00:25:55: Sofort sagt Saskia zusammen.

00:25:57: Die Stiche haben ihr Rückenmarkt zertrennt.

00:26:00: Sie ist sofort gelähmt.

00:26:02: Saskia wird von Winfried B. gepackt und durch die Wohnungstür zurück in ihr Apartment gezerrt.

00:26:08: Die Wohnungstür vor der Winfried B. vor gerade mal acht Monaten mit einer Hühnersuppe in der Hand stand, um Saskia als seine Nachbarin zu begrüßen.

00:26:17: Damals wollte er sie gesund pflegen.

00:26:19: Jetzt, in diesem Moment, will er sie töten.

00:26:27: Bevor Winfried B. die Wohnungstür schließen kann, wird er unterbrochen.

00:26:31: Die Nachbarin hatten Saskia Schreie gehört.

00:26:34: Eine von ihnen kommt nun die Treppe hinauf ins Obergeschoss, um nachzuschauen, was dort vor sich geht.

00:26:38: Aber Winfried B., der nur kurz zuvor Saskia's schlafen Körper zurück in die Wohnung gezogen hat, winkt ab.

00:26:44: Saskia habe eine Panikattacke gehabt und sei nun ohnmächtig.

00:26:48: Er würde sich schon um sie kümmern.

00:26:50: Winfried B. schließt die Wohnungstür hinter sich und geht zu Saskia, die reglos am Boden ihrer Wohnung legt.

00:26:57: Dann sticht er weitere elfmal auf ihren Hals- und Oberkörper ein.

00:27:02: Sechs Minuten später stirbt Saskia.

00:27:12: In den letzten Monaten hat Winfried B. Saskia nicht nur ihre Energie und Freude genommen, er hat sie von ihren Freundinnen, Bekannten und der Familie abgeschottet, ihr den Willen zum Leben und letztendlich ihr Leben selbst genommen.

00:27:28: Die Nachbarin hat in der Zwischenzeit die Polizei gerufen.

00:27:32: Als sie Beamtinnen der Polizei eintreffen, klingeln sie an Saskias Wohnungstür.

00:27:37: Winfried B. öffnet die Tür einen Spalt.

00:27:39: Als die BeamtInnen sich vorstellen und Eintritt in Saskia's Wohnung verlangen, reagiert Winfried B. ausweichend.

00:27:46: Was los sei, will er wissen.

00:27:48: Die PolizistInnen erklären ihm, dass sie von den NachbarInnen gerufen wurden.

00:27:52: Sie wollen sich vergewissern, dass es Saskia gut geht.

00:27:56: Wieder will Winfried B. ausweichen, sagt er, ließe sie gleich rein, vorher müsse er nur noch auf Toilette.

00:28:01: Dann schließt er die Tür wieder.

00:28:03: Die BeamtInnen klingeln wieder und wieder an der Tür.

00:28:06: Aber Winfried B. öffnet sie nicht mehr.

00:28:09: Sie beschließen, die Tür zu Saskia's Wohnung aufzubrechen.

00:28:12: In der Wohnung finden sie Winfried B. tatsächlich vor der Toilette mit heruntergelassener Hose.

00:28:18: Auf dem Rand der Wanne liegt ein Messer.

00:28:20: Es ist nicht das Messer, mit dem Winfried B. noch kurz zuvor auf Saskia eingestochen hatte.

00:28:26: Eine Klinge klebt dennoch etwas Blut, denn Winfried B. hat sich nur kurz zuvor eine Wunder auf Brusthöhe selbst zugefügt.

00:28:33: Als die Polizei Winfried B. im Bad überrascht, greift er zu dem Messer auf der Wanne und geht auf die beiden Beamtinnen los.

00:28:40: Winfried B. wird von ihnen überwältigt und festgenommen.

00:28:45: Im Schlafzimmer finden die Polizisten Saskia's Leiche.

00:28:49: Ihr Unterleib ist dann bloßt.

00:28:54: Sechster Mai, zwei Tausend vierzehn.

00:28:56: Fast genau neun Monate nach der Tat.

00:28:59: Burkhardt sitzt auf einem der Stühle im Gerichtssaal des Landgerichtstrauenstein.

00:29:03: Ab heute wird hier der Fall der Tötung seiner Großkusine Saskia behandelt.

00:29:07: Er hat ein Notizbuch dabei.

00:29:09: Er will genau verstehen und dokumentieren, was in den nächsten Tagen vor Gericht passiert.

00:29:13: Er will wissen, was seiner Kusine Saskia angetan wurde und warum sie sterben musste.

00:29:18: Also hört Burka zu und schreibt mit, wenn der Richter die Anwältin oder Sachverständige sprechen.

00:29:24: An insgesamt drei Tagen tragen Staatsanwaltschaft und Verteidigungen ihre Argumente und Beweise vor.

00:29:30: Nach seiner Festnahme hat Winfried B. die Tat gestanden.

00:29:34: Immer wieder beteuert er, dass er Saskia unsterblich geliebt hatte.

00:29:38: Sie sei die Frau seines Lebens gewesen, Zitat, mit der er den Rest seines Lebens und den gemeinsamen Ruhestand verbringen wollte.

00:29:46: Winfried B. sagt weiter aus, dass der Kontakt zu Saskias Freundin abrach, weil er selbst keine gute Beziehung zu ihnen aufbauen konnte.

00:29:53: Weil er und Saskia sich so nahe standen, sei der Kontakt laut ihm weniger geworden.

00:29:58: Auf der kroatischen Insel Scholter im Urlaub mit dem befreundeten Paar habe Saskia einen Burnout gehabt, so Winfried B. Nur aufgrund seiner fürsorglichen Pflege sei es hier schließlich überhaupt besser gegangen, sodass sie nach dem Urlaub auch wieder mehr Kontakt zu anderen Leuten aufnehmen konnte.

00:30:13: Was es genau mit den kryptischen Anrufen auf sich hatte, die Saskia noch am Tattag geführt hatte, wird aus den Aussagen und dem Urteil nicht klar.

00:30:20: Winfried B. zeichnet in seinen Aussagen ein Bild des fürsorglichen, liebenden Partners, der von einer eventuell bevorstehenden Trennung so getroffen gewesen sei.

00:30:30: dass er keinen anderen Ausweg gewusst hätte.

00:30:33: Kriminalpsychologe Justine Glatz-Ochik hat uns erklärt, dass so eine Begründung seitens der Täter bei Femiziden in Beziehung ein bekanntes Muster ist.

00:30:41: Männer, die ihr Selbstwertgefühl und ihre Männlichkeit von der Partnerin abhängig machen, können angesichts einer möglichen oder einer tatsächlichen Trennung so stark verletzt sein, dass sie körperliche und psychische Gewalt als probates Mittel ansehen können und dann auch anwenden.

00:30:56: Bei diesen Tätern ist es nicht selten der Fall, dass sie schon in der Beziehung selbst gewalttätig werden.

00:31:01: Dies geht oft einher mit Stimmungsschwankungen.

00:31:04: In einem Moment vergöttern und verehren sie die Partnerin, im nächsten folgen Herabwürdigung und Gewalt.

00:31:09: Dieses Muster kann sich laut Justine Klats-Ochik öfter wiederholen.

00:31:13: Diese Ambivalenz in einem Moment unglaubliche Liebe, im nächsten pure Hass, macht es den Opfern und Betroffenen oft schwer, sich zu trennen.

00:31:21: Das nennt man auch zyklische Gewaltdynamik.

00:31:24: Und dann gibt es aber auch Taten, bei denen wir im Vorfeld keine Auffälligkeiten haben im Fälle von häuslicher Gewalt, keine Auffälligkeiten haben von Gewalt oder Todesdrohung oder Eifersucht oder Kontrollverhalten, sondern dass es eher Männer sind, die auch meistens mit einer Trennung nicht zurechtkommen können, enorm gekränkt sind, wenn die Frauen ein Leben ohne sie führen wollen, aber auch gleichzeitig zutiefst verzweifelt sind, weil sie ihren ganzen Fokus auf die Frauen gelegt haben.

00:31:51: Und jetzt sozusagen mit leeren Händen dastehen und vor einem riesengroßen Abgrund stehen.

00:31:57: Täterinnern, die mit dieser zweiten Dynamik agieren, fixieren sich oft sehr auf ihre Partnerinnern.

00:32:03: Beginnen sie zu stalken und bringen sie, im schlimmsten Fall, um.

00:32:08: Ob es in der Beziehung von Saskia und Winfried B. schon vor der Tatgewalt gab, können wir nicht eindeutig sagen.

00:32:14: Fest steht, dass Saskia's Freundinnen und Verwandte ein komisches Gefühl im Bezug auf das Verhältnis zwischen Saskia und Winfried B.

00:32:22: Das sagen sie auch in Polizeibefragungen aus.

00:32:25: So zeichnet sich im Prozess das Bild eines besitzergreifenden Winfried B.s.

00:32:29: Der versuchte, Saskia von ihrem sozialen Umfeld abzuschotten.

00:32:33: Laut Winfried B. sei die Beziehung für ihn so intim und stark gewesen wie zuvor nur mit einer anderen Frau.

00:32:41: Als es vor Gericht genau um diese vergangene Beziehung geht, kann Saskia's Cousin Burkhardt nicht glauben, was er hört.

00:32:49: Rückblick, fast dreißig Jahre in der Vergangenheit.

00:32:52: Es ist der zehnte Februar, nineteenundatvierundachtzig, Wien.

00:32:57: Mit ruhiger Stimme erklärt Konstantina, ihrem Freund Georg, wen sie gerade gesehen zu haben glaubt.

00:33:03: Sie sei sich nicht sicher, ob er es wirklich gewesen sei, sagt sie.

00:33:06: Aber auch, wenn sie sich geirrt haben könnte, Georg, der Kriminalbeamte bei der Polizei Wien ist, will lieber sicher gehen und in der Umgebung nachschauen, ob ihr Ex-Freund sich dort aufhält.

00:33:17: Schließlich weiß er von Konstantina, wie gefährlich er, Winfried B., ist.

00:33:22: Konstantina hat Winfried B. im Mai, und zwei Jahre eine Beziehung mit ihm geführt.

00:33:28: Im Frühling, kommt es immer wieder zu Streitigkeiten.

00:33:32: Und schließlich hat sich Konstantina von ihm getrennt.

00:33:35: Aber Winfried B. kann die Trennung nicht verkraften und lässt Konstantina nicht in Ruhe.

00:33:40: Also sieht sie sich schließlich gezwungen, Winfried B. anzuzeigen.

00:33:43: Winfried B. ist sogar mehrere Monate in Untersuchungshaft.

00:33:46: Aber vor nicht ganz einem Monat, am achtzehnten Januar, war er dann doch freigelassen.

00:33:52: Mit der Auflage, dass er sich Konstantina nicht nähern und keinen Kontakt zu ihr aufnehmen darf.

00:33:58: Als Konstantinas Freund Georg von seinem kurzen Rundgang durch die Nachbarschaft zurückkommt, berichtet er ihr, dass er Winfried B. nicht finden konnte.

00:34:06: Zur Sicherheit können sie dann noch eine Anzeige aufgeben und Konstantina soll er auf jeden Fall ihrem Anwalt Bescheid geben.

00:34:12: Wenn Winfried B. wirklich in Konstantinas Wohngegend gewesen war, hätte er gegen seine Auflagen verstoßen.

00:34:18: Dann könnte ihr Anwalt einen erneuten Haftbefehl erwirken.

00:34:22: Konstantina versucht, ihren Anwalt anzurufen, erreicht ihn aber nicht.

00:34:26: Es ist gegen siebzehn Uhr, als Konstantina gemeinsam mit ihrem Sohn und Georg ihre Wohnung wiederverlässt.

00:34:32: In der kurzen Zeit konnten sie nichts bewirken und Georg hatte die Gegend ja abgesucht, ohne Winfried B. gefunden zu haben.

00:34:38: Sie biegen gerade um die Straßenecke, als Konstantina in die Augen von Winfried B. schaut.

00:34:44: Er steht nur vier Meter von ihr entfernt vor ihr.

00:34:47: Tatsächlich hatte Konstantina sich am Nachmittag nicht getäuscht.

00:34:51: Denn Winfried B. war wirklich in der Gegend gewesen.

00:34:54: Als er auf Konstantina traf, die offensichtlich schockiert war, ihnen ihrer Wohngegend anzutreffen, ging er zurück in seine eigene Wohnung.

00:35:01: Dort zog er sich unauffällige Kleidung an und nahm seine Waffe, die am selben Tag illegal erworben hatte.

00:35:08: Anschließend trank er in einer Gaststätte einen halben Liter Wein.

00:35:11: Dann macht er sich wieder auf den Weg im Konstantinas Wohngegend.

00:35:15: Als Konstantina ihren Ex-Partner sieht, nimmt sie die Hand ihres Sohnes und rennt auf die gegenüberliegende Straßenseite und lässt Georg am Straßenrand zurück.

00:35:24: Sie will flüchten.

00:35:25: Sie will sich und ihren Sohn in Sicherheit bringen.

00:35:27: Aber Winfried B. folgt ihr.

00:35:29: Während er mitten auf der Straße stehen bleibt, ruft er laut, jetzt habe ich dich, zieht seine Waffe und schießt.

00:35:39: Drei Schüsse feuert Winfried B. auf Konstantina ab, die sofort zu Boden geht, als sie getroffen wird.

00:35:45: Dann geht Winfried B. auf die am Boden liegende Konstantina zu, hebt erneut die Hand mit der Waffe, zielt auf Konstantinas Kopf und drückt

00:35:54: ab.

00:35:55: Konstantina stirbt auf offener Straße an den Verletzungen der Schüsse.

00:35:59: Und das, weil Winfried B. nicht ertragen konnte, dass sie sich von ihm getrennt hat.

00:36:05: Fast genau dreißig Jahre nach dem Mord an Konstantina zeichnet sich vor dem Landgericht Traunstein im Mai, zwei Tausend vierzehn ein schreckliches Bild.

00:36:13: Saskia war nicht Winfried B.s erstes Todesopfer.

00:36:17: Und auch in seinen anderen Beziehungen ist Winfried B. gewalttätig gegenüber seinen Partnerinnen gewesen.

00:36:22: Wie eine lange grauenvolle Spur zieht sich die Gewalt gegen Frauen durch sein

00:36:26: Leben.

00:36:33: Mit seiner ersten Ehe Frau Lena hat Winfried B. eine gemeinsame Tochter.

00:36:38: Nachdem Lena sich von Winfried B. getrennt hat, besuchte er sie am Heiligabend in ihrem Heimatland Finnland, in das Lena nach der Trennung zurückgekehrt war.

00:36:48: An diesem Abend gibt Winfried B seiner Tochter aus ungeklärten Gründen einen Teil einer Schlaftablette.

00:36:55: Als Lena das mitbekommt, gerät sie in Panik, denkt, dass Winfried B ihre Tochter vergiften will.

00:37:00: Es kommt zu einem Streit, der so heftig eskaliert, dass Winfried B aus Finnland ausgewiesen wird.

00:37:06: Wir können nicht genau sagen, wie es dazu kam, aber als Winfried B. Lena und die gemeinsame Tochter einige Zeit nach der Trennung erneut besucht, vergewaltigt er Lena.

00:37:16: Während der Tat hält er seiner Ex-Partnerin und Mutter seines Kindes ein Messe an den Hals.

00:37:24: Seine zweite Ehefrau Marion, die er nur fünf Jahre nach der Trennung von Lena heiratet, berichtet in ihrem Blog, dass auch ihre Beziehung mit Winfried B. von Gewalt und Angst geprägt war.

00:37:34: Schon die Ehe-Schließung sei laut Marion nur unter Zwang zustande gekommen.

00:37:39: Winfried B. habe sie mit einem Messer in der Tasche zum Standesamt gezogen.

00:37:43: Obwohl Marion in ihrer Panik wohl Lachflash bekam, will den Standesbeamtin scheinbar nichts auf und die Ehe wurde geschlossen.

00:37:51: Als es zum Prozess um den Mord von Konstantina kommt, sagt auch Marion bezüglich ihrer Ehe mit Winfried B. Aus.

00:37:57: Da die Geschehnisse zu diesem Zeitpunkt aber schon einige Jahre zurückliegen und Marion keine eindeutigen Beweise vorlegen kann, konnten Marions Schilderung nie endgültig überprüft werden.

00:38:07: In ihrem Block, den Marion nach Saskias Tod veröffentlicht hat, erzählt sie, dass die weiteren Ehejahre geprägt waren von Gewalt.

00:38:15: Immer wieder habe er sie vergewaltigt oder sei sogar mit dem Messer auf sie losgegangen.

00:38:20: Bei einem dieser Vorfälle habe sich Marion nicht mehr anders zu helfen, gewusst, als aus dem Fenster zu springen.

00:38:27: Marion überlebt den Sprung, aus sieben Metern Höhe, schwer verletzt, aber sie hat bis zu ihrem Tod, nicht nur mit den Folgen des Sprungs, sondern auch mit dem psychischen Auswirkungen der gewalttätigen Ehe mit Winfried B. zu kämpfen.

00:38:41: Nach Marion kam schließlich Konstantina in Winfried B.s Leben.

00:38:45: Auch ihre Beziehung war geprägt von Gewalt und Bedrohung und endete, wie wir bereits wissen, in Winfried B.s erstem Femizid.

00:38:52: Für

00:38:53: diese Tat wurde Winfried B. zu einer zwanzigjährigen Haftstrafe verurteilt.

00:38:57: Er war, wie auch später, bei der Tötung von Saskia geständig.

00:39:01: Anders als bei Saskia, gibt er bei Konstantina an, dass er aus Hass gehandelt habe.

00:39:18: Wir

00:39:22: haben die Kriminalpsychologin Justine Glatz-Ochik gefragt, ob es sich hier schon um die Vorgehensweise eines Serientheters handelt.

00:39:30: Also bei Tötungsdelikten, die wir als Serien-Taten bezeichnen, gibt es häufig ein zentrales Merkmal, und zwar, der Täter entwickelt sich in der Tat weiter und die Tat dient einer Bedürfniserfüllung und einer Bedürfnisbefriedigung.

00:39:45: Und man sieht tatsächlich, dass der Täter immer raffinierter oder emotional gieriger oder möglicherweise sich verändernder agiert.

00:39:54: Aber man sieht ganz genau, dass es einem ganz bestimmten Prinzip der Bedürfnisbefriedigung entspringt.

00:40:02: Bei den Tötungselegten an der Intimpartnerin auch bei dem Fall, dass er innerhalb seiner lebensspanne zwei Frauen getötet hatte in einem ähnlichen strukturellen Kontext, wüsste ich nicht, ob ich davon einer Serientat sprechen würde.

00:40:17: Man könnte die Tat von Winfried B. gegen Saskia auch als Affekt-Tatwerten.

00:40:22: Justine Glatz-Ochik erzählt uns, dass es oft gar nicht so einfach ist, festzustellen, ob es sich um eine Affekt-Tat handelt oder nicht.

00:40:29: Sie betont, dass einer Effektart eine besondere Emotionalität zugrunde liegen muss, die der Tat selbst in einer Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer vorausgegangen sein muss.

00:40:39: Wie und ob genau diese Emotionalität vorhanden oder stark genug ausgeprägt war, stellen Gutachterinnen fest, indem sie mit den Täterinnen sprechen.

00:40:48: Der Gutachter im Fall von Saskia sieht in der Tötung keine Effektart.

00:40:53: Im Urteil steht dazu, Ein Effektart sei davon geprägt, dass ein längerer Zeitraum vor der Tat erforderlich sei, in der eine spezifische Opfer-Täter-Beziehung entsteht, welche durch ein erhöhtes Konfliktpotenzial geprägt sei.

00:41:06: Ein Zeitraum, wie im vorliegenden Fall von ein paar Monaten, genügten in der Regel nicht, um hier zu einer derartig konfliktbeladenen Beziehung zu gelangen.

00:41:14: Saskia und Winfried B. waren nur knappe sieben Monate ein paar, bevor er sie umgebracht hat.

00:41:20: Justine Glatz-Ochik sieht in den Taten von Winfried B. gegen seine Partnerin ein anderes Muster.

00:41:26: Tatsächlich, glaube ich, ist es bei diesem Täter ein Beziehungsmuster, dass er zeigt, wie er versucht, mit dieser Krise umzugehen und auch vielleicht die Frauen zu halten.

00:41:36: Also, wenn du mit mir zusammen bist, will ich dich nur für mich alleine haben.

00:41:40: Ich isoliere dich, ich kontrolliere dich.

00:41:43: Und wenn du mich verlässt, lass ich das nicht zu.

00:41:47: Und bringe dich um.

00:41:48: Wie wir bereits wissen, wird Winfried B. in fast allen seinen Beziehungen gewalttätig.

00:41:53: Nur bei einer einzigen seiner Beziehungen kommt es zu keinen Vorfällen.

00:41:57: Allerdings ist genau diese Beziehung eher eine Fernbeziehung.

00:42:00: Das Paar sieht sich teilweise nur an den Wochenenden.

00:42:03: Bei allen anderen Ex-Partnerinnen, mit denen er zusammen wohnt und regelmäßig in ihrer Nähe ist, wird er gewalttätig.

00:42:10: Und noch eine Parallele zeigen Winfried B.s Beziehungen auf.

00:42:13: Die Trennung.

00:42:15: Sowohl bei Konstantina als auch bei Saskia ist der Moment, der Winfried B. dazu bringt, die beiden Frauen umzubringen, der Gedanke an eine bevorstehende Trennung oder das tatsächliche Beziehungsende.

00:42:27: Und auch bei seiner ersten Frau Lina kommt es nach der Trennung zu dem heftigen Streit, der zu seiner Ausweisung aus Finnland führt und zu der späteren Vergewaltigung.

00:42:35: Auch Winfried B.s Bruder wusste von der Gewalttätigkeit seines Bruders.

00:42:39: Bereits als Marion in den Siebzigern mit Winfried B. verheiratet war, war der Bruder laut ihrem Blog immer wieder da, um Situationen zu deeskalieren.

00:42:48: Als Saskia mit Winfried B. zusammen war, wusste sein Bruder natürlich von der Vergangenheit von Winfried

00:42:53: B. Der Bruder sagte ja im Gespräch, das konnte sich jetzt nicht mehr vorstellen.

00:42:57: Es war doch resozialisiert.

00:42:59: Es war alles wieder normal und so weiter.

00:43:01: Er war ja zwanzig Jahre nicht mehr auffällig gewesen und so weiter.

00:43:05: Da dachte er, das kann nicht sein, dass das noch mal irgendwie vorkommt.

00:43:10: Justine Glatz-Ochik erklärt uns, dass Resozialisierung nicht immer zum gewünschten Ergebnis führt.

00:43:15: Laut der Kriminalpsychologin kommt es darauf an, welche Angebote es in der entsprechenden Haftanstalt gibt und wie sie von den TäterInnen genutzt werden.

00:43:24: Nur dann können es dazu kommen, dass TäterInnen über ihre Taten nachdenken und die Selbstreflexion gehen.

00:43:30: Und wenn er in der Zwischenzeit für sich keine Möglichkeiten gefunden hatte, anders mit Kränkungen und Zurückweisungen umzugehen

00:43:37: als

00:43:38: die Frauen zu töten, besteht nach wie vor tatsächlich auch das Risiko für Täter erneut, diese Taten bei anderen Frauen zu begehen.

00:43:50: Winfried B. wird am neunzehnten Mai, zwei Tausend vierzehn, wegen Totschlag zu einer Freiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt.

00:43:57: Durch den Totschlag an seiner Großkusine Saskia und dem Prozess hat sich Burkhardt viel mit dem Thema Femizid beschäftigt.

00:44:04: Ihm war der Begriff und die strukturelle Problematik vorher gar nicht bekannt.

00:44:08: Aber nach der Verhandlung beginnt er sich mit der Thematik ausführlicher auseinanderzusetzen.

00:44:13: Er spricht mit Freundinnen von Saskia, mit Saskias Sohn und auch mit Expertinnen.

00:44:18: Schnell wird ihm klar, das Thema Femizide ist in Deutschland immer noch nicht genug im Fokus.

00:44:23: Seiner Meinung nach beginnt das Problem nicht erst bei der seelischen oder körperlichen Gewalt gegenüber Frauen, sondern schon in der künstlerischen und literarischen Darstellung, die Saskia so viel in ihrem Leben bedeutet hatte.

00:44:36: Was für Bilder kriegen junge Menschen, aufwachsende Jungs von Männlichkeit in den Kopf, welche Bilder werden in Kunst und Literatur vermittelt, vom Umgang miteinander, sie negativ Beispiele Wojcek und so weiter, Carmen, der liebes Tod, all dieser Quatsch fällt unter das Thema Femizid.

00:44:59: In Georg Büchners Drama Wojcek bringt der gleichnamige Protagonist seine Freundin um, nachdem sie ihn betrogen hat.

00:45:06: Auch in Georges Bizet's Opa Carmen wird die weibliche Hauptfigur von ihrem Ex-Partner José umgebracht, nachdem sie mit einem anderen Mann zusammenkommt und nicht zu José zurückkehren will.

00:45:17: Ein Schritt dafür, dass Femizide mehr in den Fokus der Gesellschaft rücken, hat Burkard selbst schon getan.

00:45:23: In einem mehrteiligen Podcast verarbeitet er das, was Saskia, Konstantina, Marion und Lena von Winfried B. angetan wurde.

00:45:31: Ihm ist es wichtig, dass Taten wie diese nicht mehr nur als Beziehungs- Liebestaten oder tragische Einzelfälle bezeichnet werden.

00:45:39: Heute weiß er.

00:45:40: Saskia ist nicht alleine mit ihrem Schicksal.

00:45:43: Jetzt geht es nicht nur um dieses... ...furchtbare Verbrechen.

00:45:48: Und um die Geschichte von Saskia und Konstantina und der Marion und der Lena.

00:45:54: Sondern es geht halt um ein weltum spannendes Ding.

00:46:07: In der nächsten Folge sprechen wir über Lisa.

00:46:09: Sie glaubt, die Trennung von ihrem gewalttätigen Partner bringt ihr die Freiheit, nach der sie sich sehnt.

00:46:16: Doch der Mann, den sie eins liebte, lässt nicht los.

00:46:18: Bis zu einer Nacht, die alles verändert.

00:46:21: Falls ihr Feedback, Anmerkungen oder selbst eine Geschichte habt, die ihr mit uns teilen möchtet, könnt ihr uns jederzeit an eine Mail schreiben an zwölfleben.podimo.

00:46:32: Die Mail findet ihr, wie immer, in der Folgenbeschreibung.

00:46:45: Wir sind Helen Schulte

00:46:46: und Massimo Majo.

00:46:48: Autorin dieser Folge, Katharina Frebel.

00:46:51: Schnitt und Sound, Frieda Maurer und Luca Satori.

00:46:55: Ausführende Produzentin, Madeline Petri.

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